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16.02.2013

Mit Plüsch-Kroko und Frau Sonne für gesunde Kinderzähne

Weit sperrt das grüne Krokodil den Rachen auf und fletscht die Zähne. Nicole Arping greift unerschrocken zur Zahnbürste und macht sich an die Arbeit. Was nach Todesmut klingt, ist für die kleinen Patienten in der Kinderzahnarztpraxis von Ralf Gudden in Krefeld ein großer Spaß. Die 19-Jährige ist Auszubildende zur zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) und schnappt sich immer dann das Plüsch-Kroko, wenn es darum geht, den kleinen Mädchen und Jungen die Zahnhygiene näherzubringen. „Man kann sie auf diese Weise auch von der bevorstehenden Behandlung ablenken“, verrät Nicole.

Den Weg zu ihrem Wunschberuf fand die Winnekendonkerin in der neunten Klasse über ein dreiwöchiges Schulpraktikum bei einem Zahnarzt. „Ich durfte damals viele Aufgaben selbst übernehmen“, erinnert sie sich. „Es war interessant und hat viel Spaß gemacht.“ Ein früheres Praktikum hatte sie in einem Kindergarten absolviert. „Das war nicht mein Ding“, sagt sie – dennoch bestärkte es Nicole in ihrem Entschluss, dass sie beruflich „gerne etwas mit Kindern machen wollte“.
Als sie dann die Stellenanzeige von Ralf Gudden entdeckte, zögerte sie nicht lange, bewarb sich umgehend – und wurde auch zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Nach einem einwöchigen Praktikum unterschrieb sie ihren Ausbildungsvertrag. „Der Beruf ist so, wie ich ihn mir vorgestellt habe“, sagte Nicole. „Man hat mit so vielen Menschen zu tun, und es ist immer wieder eine Herausforderung – da unsere Patienten Kinder sind, ist sie sogar noch größer als bei Erwachsenen.“

Eines hat Nicole sehr schnell gelernt: „Man muss hier auf die Patienten noch mehr eingehen als in einer ,normalen‘ Zahnarztpraxis.“ Denn die wenigsten Kinder legen sich sofort auf die Behandlungsliege und lassen das Prozedere ohne Weiteres über sich ergehen. „Viele Kinder sind zwar sehr offen und erzählen auch, was sie am Wochenende gemacht haben oder welchen Sport sie treiben“, sagt Nicole, „aber das heißt nicht, dass sie auch bei der Behandlung immer gut mitmachen.“
Dann sind Nicole und ihre Kolleginnen gefragt. Sie beruhigen die kleinen Patienten, lenken sie auch mal ab, beschäftigen sich einfach mit ihnen. „Man muss viel Körperkontakt halten“, weiß die 19-Jährige, „und wenn es nur ist, dass man dem Kind mal die Hand auf die Schulter legt.“ Außerdem machen sie gemeinsam Sport. „Das gehört zur Vorbereitung auf die Behandlung“, sagt Nicole mit einem Lachen. „Sport heißt bei uns zum Beispiel, dass die Kinder die Beine rauf und runter bewegen. Dadurch sind sie in den meisten Fällen so konzentriert, dass sie nicht mal bemerken, wenn sie eine Spritze bekommen.“ Dass über der Behandlungsliege ein kleiner Fernseher hängt, auf dem Kinderfilme laufen, ist ebenfalls recht hilfreich.
Für den Umgang mit den Mädchen und Jungen „muss man schon ein offener Typ sein und auch viel von sich selbst preisgeben“, sagt Nicole Arping. „Denn die Kinder fragen häufig, was man am Wochenende unternommen hat oder als was man sich zu Karneval verkleidet hat.“ All dies hat ihr aber nie Probleme bereitet, immerhin konnte sie zu Hause üben: „Ich habe selbst drei jüngere Geschwister.“

"Auch mal die Eltern ruhigstellen"

Schwieriger war – und ist – mitunter der Kontakt mit den Eltern. „Manche reden oft dazwischen“, erzählt Nicole, „die müssen wir dann auch mal ruhigstellen.“ Ganz schlecht ist es beispielsweise, wenn Eltern zu ihrem Kind sagen: „Du brauchst keine Angst zu haben.“ Denn die ZFAs wissen: „Alles, was bei den Kinder ankommt, ist ,Angst‘. Und die haben sie dann oft.“ Sie versuchen dann, den kleinen Patienten spielerisch die Instrumente zu erklären – „Frau Sonne“ heißt beispielsweise die OP-Leuchte – und sie so zu beruhigen.
Ansonsten übernimmt Nicole Arping alle Aufgaben einer ZFA: Zähne polieren und säubern, absaugen, dem Arzt Instrumente und Füllmaterialien anreichen, die Räume reinigen und auf die nächste Behandlung vorbereiten, auch die Eltern informieren und beraten. Dass es auch mal stressige Tage gibt, will sie nicht verschweigen. „Wenn die Praxis voll ist und wir viele Kinder haben, die sich bei der Behandlung sperren, kommen wir meist in Verzug“, sagt Nicole, „und dann wird‘s stressig.“ Den Spaß am Job kann aber auch dies nicht schmälern.
Zum Schluss verrät die 19-Jährige ein kleines Geheimnis: Sie selbst ist kein Fan von Zahnarztbesuchen. „Als ich zuletzt mal Zahnschmerzen hatte, hatte ich echt Bammel, dass gebohrt werden muss“, gesteht sie mit einem Lachen. Es musste nicht, sie hatte Glück. Und obwohl ihr die eigene Begeisterung für die Behandlung fehlt, ist sie überzeugt: „Den Beruf kann man trotzdem mit Freude ausüben.“

Michael Bühs